Lebensende: Selbstbestimmt, aber nicht allein bestimmt

Medizinischer Fortschritt

Der medizinische Fortschritt hat dazu geführt, dass viele Menschen einen gewissen Einfluss auf den Zeitpunkt ihres Lebensendes nehmen können, durch die bewusste Entscheidung, welche medizinischen Massnahmen am Lebensende noch stattfinden sollen.

In der aktuellen Gesundheitskommunikation wird Eigenverantwortung in gesundheitlichen Belangen in den Vordergrund gerückt. Eigenverantwortung bedeutet für sich selbst und alle seine selbstbestimmten Entscheidungen, Handlungen, Nicht-Handlungen und alle seine Ergebnisse einzustehen.

Selbstbild

Eine Veränderung des Selbstbildes, von einer starken, selbstbestimmten Person zu einer abhängigen Person zu werden, scheint undenkbar. Die Patienten ändern ihre Handlung in dem Sinne, als dass sie lieber ihr Leben zu einem Zeitpunkt beenden, zu dem es ihnen noch mit ihrem Selbstbild übereinstimmt. Das Festhalten an präferierten kulturellen Werten und die Anhebung des Selbstwertgefühls können also helfen die Angst vor dem Tod zu reduzieren.

Dieses Gefühl der Selbstbestimmung sollte auch vermittelt werden, wenn die Patienten Hilfe und Unterstützung bei Tätigkeiten benötigen.

Nach den persönlichen Werten leben zu können ermöglicht eine bessere Lebensqualität. Autonomie, Kompetenz und Verbundenheit sind Grundbedürfnisse für unser Wohlbefinden (Deci & Ryan, 2008).

Entscheidungsfindung

Die selbstbestimmte und autonome Entscheidungsfindung kann nicht losgelöst vom sozialen Umfeld des Patienten betrachtet werden, denn der Mensch als soziales Wesen ist eingebettet in die Gesellschaft und die Erfahrung von Unterstützung oder deren Fehlen, sei es durch Angehörige, Freunde oder Gesundheitsfachleute, beeinflussen sein Denken und Handeln. Oftmals denkt der Sterbende an die Menschen, welche weiterleben werden. Was für sie tragbar ist, wie sie ihn in Erinnerung behalten werden.

Familienangehörige werden oft in den Entscheidungsprozess einbezogen. Ein Widerspruch zur Selbstbestimmung muss nicht bestehen (Lipp & Brauer, 2016). Eher lässt sich durch den Austausch auch mutmassen, dass die persönlichen Wertvorstellungen und Bedürfnisse reflektiert werden und Entscheidungen als selbstbestimmte Aussagen gelten.

Nur wenn alle Beteiligten unter den jeweils bestmöglichen gesundheitlichen Bedingungen im Austausch stehen, also so gut als möglich mit Stress und Trauer umgehen können und respektvoll und authentisch kommunizieren, kann der Patient selbstbestimmt und autonom die für ihn am besten passende Entscheidung treffen, auch im Wissen, dass sein soziales Umfeld seine Entscheidung respektiert.

 

Patient*innen und Angehörige sollten offene Gespräche bezüglich Selbstbild und Wertvorstellungen und Absichten führen können, bei Bedarf mit professioneller Unterstützung. Sie sollen die Möglichkeit haben sich aus erster Hand über verschiedene Möglichkeiten am Lebensende informieren zu können, um eine selbstbestimmte Entscheidung zu treffen.

 

 

 

Literatur:

Deci, E. L., & Ryan, R. M. (2008). Self-determination theory: A macrotheory of human motivation, development, and health. Canadian Psychology/Psychologie Canadienne, 49(3), 182–185.

Lipp, V. & Brauer, D. (2016) Autonomie und Familie in medizinischen Entscheidungssituationen. in H. Steinfath, C. Wiesemann, Autonomie und Vertrauen, DOI 10.1007/978-3-658-11074-1_6, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2016

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Positive Psychologie: Von Achtsamkeit, Glück und Mut